Schlußbemerkung


KategoSphär liefert einen Begriff für ein multidimensionales Wissensmodell. Die physische und psychische Sicht der Wissenschaften auf das Erkenntnisobjekt, der kulturelle und zeitliche Wandel des qualitativen und quantitativen Begriffs Wissen und die Metapher einer Sphäre, die ihr Inneres unter den Kategorien multimodaler Konzeptrepräsentationen an der Oberfläche verbirgt ergeben die Multidimensionalität der Betrachtung. Gleichzeitig beschränkt die Vielzahl der Dimensionen mögliche, wissenschaftliche Fragestellungen auf einen engen Ausschnitt, deren Beantwortung, paradoxer Weise, immer neue Problematiken aufwerfen, diese Dimensionen gleichsam zu sprengen. Modelle erlauben es, verschiedene Aspekte eines zuhinterfragenden Gegenstandes zu betrachten, aus alten Modellen, zu deren Problemlösungen Vertrauen besteht, neue, für andere Fragestellungen zu generieren und "Modelle geben uns die Möglichkeit, uns unter kontrollierten Bedingungen zu irren" ([BOO] S. 39). KategoSphär modelliert seine Sicht auf das System Wissen zum einen in klassischer, nicht wegzudenkender Form der vorliegenden, textuellen, mit Graphiken angereicherten Auseinandersetzung, die naturgemäß nie umfassend genug sein kann, weder die bei der Erstellung aufkommende Neugier zu befriedigen, noch alle Teilaspekte tiefergehend zu erforschen, zum anderen mit einem Computer Programm, das unter Verwendung neuester Technologie, ein physikalisches Abbild liefert, das mit anderen Verfahren, einer Plastik aus Gips oder Pappe beispielsweise, nicht realisierbar wäre. Aus den Freiheitsgraden in der Gestaltung des Modells mit der Darstellung des Raumes und den perzeptiven Modalitäten verschiedener Medien ergeben sich ebenfalls die Konsequenzen der Multidimensionalität, deren eingrenzende Wirkung trennt die Thematiken, innerhalb des Gegenstandbereichs der Informatik, jedoch schärfer.

Der Prototyp des Programmodells KategoSphär setzt eine Sicht des Wissensmodells mit einer von vielen, mehr oder weniger leicht zugänglichen Hard- und Software Konstellationen auf einer Maschine der performanten und preislichen Oberklasse um. Das Problem der graphischen Wiedergabe wird mit einem Shading Verfahren und einem einzigen Prozessor, der durch Hardware Texturing Unterstützung findet, zufriedenstellend schnell gelöst. Durch Ausführung des Programms auf niedrigerwertigen Maschinen kann vergleichend festgestellt werden, daß diese die Forderung nch Glaubwürdigkeit nicht erfüllen können. Diese Faktoren, als Restriktionen, die im Laufe des rasanten Forschritts in der Mikroelektronik bald überwunden sein dürften, verstanden, öffnen den Blick für andere, hier nicht diskutierte, rechenintensivere Verfahren des Rendering, wie Raytracing oder Radiosity, den Einsatz mehrerer Graphikkarten oder Video-Pipes, und das Verteilen einzelner Phasen auf mehrere Prozessoren, beispielsweise die Auslagerung des Render-Culling. Die Verteilung von Prozessen und Daten stößt das Tor zu dem allgemeineren Problemfeld der Mechanismen der Prozeßsynchronisation und der Datenhaltung auf. Der Prototyp KategoSphär behandelt das Thema des Austausches und Speicherung der anfallenden Daten nur auf rudimentärer Ebene, der Einsatz einer Datenbanktechnologie ist für anderweitige Realisierungen als unverzichtbar anzusehen, der Auswahl und Anwendung von Synchronisationsmechanismen bedarf es, selbst mit nur einer CPU, schon bei einer Ausweitung der multimedialen Konzeptrepräsentation durch digitale Klänge oder Filme. Auf der Eingangsseite des in der Informatik immernoch gültigen EVA Prinzips umgeht KategoSphär die noch weitgehend unerforschte Fragestellung der Metaphorik dreidimensionaler Eingabe und dazu adäquater Geräte durch Rückgriff auf die Tastatur der Workstation und das Interaktionsparadigma eines Auswahldialogformulars in zweidimensionaler Fenstertechnik. Diese Notlösung, die bei der Ausgabe mit einem Bildschirm akzeptabel ist und Erfahrungen mit der Programmierung solcher Systeme bietet, wird im Fall des Einsatzes anderer Ausgabegeräte, wie ein Head Mounted Display oder einer virtuellen Umgebung, wie der CAVE, "multi-person, room-sized, high-resolution, 3D video and audio environment" (EVL, University of Illinois) versagen und muß durch andere Mechanismen, vielleicht Spracheingabe, ersetzt werden.

Zum Schluß soll die Vision, die hinter der Forschung nach der "virtuellen Realität" steht mit einer wissenschaftsübergreifenden Fiktion William Gibsons aus seinem 1984 erschienenen Roman “Neuromancer als aus der Vergangenheit in diese Zeit und darüber hinausreichender Ausblick erläutert werden: "Kyberspace. Unwillkürliche Halluzinationen, tagtäglich erlebt von Milliarden Berechtigten in allen Ländern, von Kindern zur Veranschaulichung mathematischer Begriffe ... Grafische Wiedergabe abstrahierter Daten aus den Banken sämtlicher Computer im menschlichen System. Unvorstellbare Komplexität. Lichtzeilen, in den Nicht-Raum des Verstandes gepackt, gruppierte Datenpackete. (...) Symbole, Ziffern, Gesichter, ein verschwommenes, fragmentarisches Mandala visueller Information. (...) Die Scheibe begann zu rotieren, immer schneller, wurde zur hellgrauen Sphäre. (...) Wie ein Origami-Trick in flüssigem Neon entfaltete sich seine distanzlose Heimat, sein Land, ein transparentes Schachbrett in 3-D, unendlich ausgedehnt." ([GIB] S. 76,77)


Literatur

Inhalt

Uwe Poborski: KategoSphär