Fußballer gegen Außerirdische

Die Jungen spielten Fußball auf dem großen Hof der Schule. Dabei schrien sie laut vor Vergnügen und stritten sich lautstark, wenn einer den Ball am Tor vorbeischoss oder sonst einen Fehler machte. Ein paarmal passierte es auch, dass das Leder mit scharfem Knall gegen einen der am Weg stehenden Müllcontainer prallte, so dass der laut schepperte. Plötzlich hielt Fritz mitten im Lauf inne, starrte in Richtung der Müllbehälter und ließ den Ball an sich vorbeisausen. "Mensch, pass doch auf, du Pflaume..." schrie ein Spieler seiner Mannschaft. Aber Fritz zeigte auf einen der Container und stotterte:

"Kuck doch bloß..."

Der grüne Behälter - der für Papier - hatte plötzlich einen Rotor auf dem Deckel. Der fing an sich zu drehen, das Ganze bewegte sich mit einem Surren wie von einem Motor und erhob sich ganz langsam wie ein Hubschrauber in die Luft. Er drehte sich nach Süden auf die Wiese zu. Immer höher stieg er, wurde schneller und flog - ja, anders konnte man es nicht nennen - über die Wiese und den Wald hin davon, so dass er sehr bald nicht mehr zu sehen war.

Die Jungen hatte ihr Spiel vergessen - den Ball ließen sie einfach liegen und vergaßen ihn später auch mitzunehmen - standen in einem Haufen und redeten aufgeregt durcheinander.

"Was ist denn da los?"
"Mann, habt ihr das gesehen?"
"Wir sind ja nicht blind!"

Erklären konnten sich die Jungen den Vorfall nicht; und auch ihre Eltern, die zunächst an einen Aprilscherz glaubten - aber es war ja erst März - wussten nicht, was sie davon halten sollten.
Die Polizeibehörden hatten um diese Zeit viel zu tun: Ein Anruf nach dem ändern kam; die merkwürdigsten Meldungen gingen ein. Da hatte ein Mann in Köln einen Hubschrauber dicht über seinem Haus gesehen, der bedenklich trudelte und sicher im nächsten Moment abstürzen würde...
Und eine Frau in Bonn schrie ins Telefon: "Ein Ufo, ein Ufo, Herr Polizist! Es kommt bestimmt vom Mars, es ist ganz grün!"

Und das Faxgerät spuckte einen Bogen nach dem anderen aus, dass es sich fast verschluckte - so viele Leute hatten ein ungewöhnliches Ding in der Luft gesehen. Alle wollten wissen, ob Gefahr bestehe, ob vielleicht ein Krieg ausgebrochen sei ... "Was sollen wir tun?"

Und die Stadträte beriefen Sonderkommissionen ein. Nur die Regierung in der Hauptstadt traf keine Maßnahmen, sie tat weniger als nichts, nämlich gar nichts. Nicht einmal ein Krisenstab wurde gebildet, und das war gewiss ganz außergewöhnlich. Das hatte einen einfachen Grund: Die Geheimdienstleute, die ja ständig überall herumhorchten, hatten Funksprüche aufgefangen, die sie zwar nicht verstanden, die aber nicht nach Bedrohung klangen. Schließlich fand sich ein Sprachcomputer, dem es gelang, die geheime Nachricht zu entschlüsseln und hatte beruhigend auf die Ministerialbeamten eingewirkt.
Hilferufe waren es gewesen, aus einem außerirdischen Flugobjekt und an eine ferne Station gerichtet: Sie hätten ihre Mission auf dem Planeten Erde abbrechen müssen, denn es habe sich herausgestellt, dass die dort wohnenden Wesen - Menschen - ganz gefährliche Waffen besäßen. Mit einem runden harten Ding hätten sie ihr Fluggerät fast zertrümmert, so dass nur die eilige Heimkehr möglich gewesen sei. Man müsse erst genau erforschen, was die runde Waffe enthalte und wie sie bei zu erwartender Explosion wirken würde. Dann erst könne man eine neue Erkundungsfahrt starten.

Als das bekannt wurde, gab es ein großes Hallo bei den Fußballfans - und die ganze Nation triumphierte.
Die Jungen vom Schulhof bekamen ein dickes Lob, das Bundesverdienstkreuz und einen neuen Fußball. Die Medien jubelten mit vielen großen Worten, Kommentaren und aufregenden Bildern, die freilich ausnahmslos im Studio hergestellt worden waren, außer denen vom Schulhof auf dem Berg. Die Regierung aber, diesmal zusammen mit der Opposition, gab ein Kommunique heraus:

Die Menschen, genauer die Deutschen, hätten nun endlich ihre Überlegenheit über außerirdische Angreifer bewiesen ..... Und manche meinten, einem Sitz im UNO-Sicherheitsrat stünde nun wohl nichts mehr im Wege.

Sabine Krüger