Tante Grete

Es war nach dem Krieg, so Ende 1945 - Anfang 1946. Meine Eltern waren mit uns Kindern gerade zurückgekommen in unsere Wohnung, die ziemlich zerstört war. Da hatten sie genug zu tun und ich war kurz vor dem 10. Lebensjahr und schon sehr selbständig. Die Schulen hatten auch wieder angefangen, aber es lief noch nicht alles so wie in früheren Zeiten.

Ich bin gerne zu den Verwandten gegangen, am liebsten zu der Tante Grete. Die wohnte zwar ein gutes Stück von unserem Zuhause, so ca. 2 km, aber es hat mir gut dort gefallen, es war immer viel los, denn meine Tante und mein Onkel hatten 6 Kinder. Die 4 ältesten Kinder waren die interessantesten. Die beiden ältesten Mädchen waren schon erwachsen und konnten so einem kleinen Mädchen wir mir einiges beibringen. Wie z.B. die Fingernägel schön manikürt werden oder die Haare glänzend. Vor allen Dingen konnten diese beiden wunderschöne Handarbeiten machen, das hatten sie von der Mutter gelernt, von der Tante Grete. Und da ich alles, was dort geschah, bewundert habe, kamen wir auf eine Idee. Ich wollte unter Anleiten das Häkeln lernen und für meine Mutter ein Geschenk fertig stellen. Wer das Häkelgarn bezahlt hat, weiß ich heute nicht mehr, aber ich habe mit viel Übung 5 Deckchen gehäkelt, diese in verschiedenen Größen. Diese waren für das Schlafzimmer gedacht, je 1 für das Tischchen am Bett und 3 für den Waschtisch.
Als meine Mutter ins Pflegeheim kam und ich die Wohnung auflösen musste, habe ich diese Deckchen wiedergefunden, nach ungefähr 50 Jahren, ich hatte nicht gedacht, dass sie noch irgendwo vorhanden sind.