Biologie


Die Biologie beschäftigt sich mit der belebten Natur, und nicht zuletzt mit der des Menschen. Im Zusammenhang mit Wissen geht es vornehmlich darum, herauszufinden, welches die körperlichen Grundlagen, also die Materialien, der Fähigkeit von höheren Lebewesen zu denken sind. Dieses Vermögen, als Informationsverarbeitung in einem kybernetischen Regelkreis verstanden, wird dem zentralen Nervensystem, und dort insbesondere dem Gehirn, räumlich zugeordnet. Aus dem evolutionsgeschichtlich ältesten Teil der Masse unter der Schädeldecke, dem Stammhirn, entwickelten sich zwei Großhirnlappen, die durch einen Balken (corpus callosum) verbunden sind. Dieser, Großhirn oder auch Neocortex genannte Bereich nimmt den größten Raum im Kopf ein und verdeckt Klein- und Zwischenhirn. Während dem Kleinhirn die Koordination der Muskelbewegungen zugeordnet wird, schreibt man dem Zwischenhirn eine Verknüpfung von Handlungen und Gefühlen zu. Die entscheidende Nahtstelle zwischen vegetativ-körperlichen und affektiv-seelischen Vorgängen, das limbische System, liegt im Zwischenhirn. Es baut die Steuerzentrale emotionaler Prozesse auf und besteht aus den zentralen Formationen Hypothalamus, Hippocampus und dem Mandelkomplex. In engen Zusammenhang zum limbischen System, wegen seiner Lage am Limbus, der Grenze zwischen Vorderhirn und Stammhirn, so genannt, steht der Thalamus, der das zentrale Selektionsorgan für Reize, die zur Großhirnrinde führen, bildet. Die Hypothalamusformation hat in zweierlei Hinsicht eine überragende Stellung im Gehirn. Sie reguliert einerseits das vegetative System mit Blutdruck, Wärmehaushalt und Schlaf-Wach-Rhythmus und auch motorische Bereiche wie Blasen- und Darmentleerung. Andererseits bildet sie in ihren Kerngebieten die Neurosekrete: Hormone, welche hemmend oder stimulierend auf die Hypophyse (Hirnanhangdrüse) wirken, die ihrerseits die Produktion peripherer Hormondrüsen steuert. Das Großhirn, das für die intellektuellen Fähigkeiten verantwortlich gemacht wird, besteht, wie oben erwähnt, aus zwei verbundenen Hälften. Daß es eine Aufgabenteilung innerhalb des Großhirns gibt, die für die Aufnahme von Informationen aber nicht deren Speicherung gilt, konnte, beispielsweise an der Zuordnung eines Logo-Speichers zur linken und eines Imago-Speichers zur rechten Hemisphäre, nachgewiesen werden (Dual-Encoding-Theory, A. Paivio).

Die Frage nach der Materie, die letztlich unser Wissen physiologisch ausmacht, führt zur Betrachtung der zellularen Struktur des Gehirns. Das Gehirn besteht, je nach Schätzung, aus 100 Millionen bis zu 15 Milliarden Zellen, den Neuronen. Diese Bausteine entstehen schon in der neunmonatigen Schwangerschaft, ungefähr 250000 pro Minute, und ihre Zahl bleibt während des Lebens, Krankheiten ausgenommen, weitgehend stabil. Neuronen bestehen aus Dendriten, den Sendern, und einem Axon, dem Empfänger, die über Synapsen miteinander verbunden sind. So ist eine Gehirnzelle mit tausend bis fünftausend anderer verbunden, das gesamte Gebilde würde als Kette eine 500000 km lange Strecke darstellen. Die Verbindungen der Neuronen, die Synapsen, besitzen winzige Bläschen, die auf chemische Reize oder elektrische Schwingungen reagieren und die daraufhin Transmitterstoffe aussenden. Diese Transmitter überwinden einen Spalt zwischen zwei Synapsen, ohne den es zu einem andauernden "Kurzschluß" der Nervenzellen kommen würde und mit Hilfe dieser Überbrückung fließen dann Ionen und bestimmte Eiweißmoleküle von einer zur anderen Zelle. Bei diesem Zellkontakt entstehen zunächst labile Synapsenanlagen, die sich bei einer stärkeren funktionellen Inanspruchnahme stabilisieren. In diesem Vorgang läßt sich ein retrograder Stofftransport nachweisen, so daß eine Rückkopplung zwischen dem Ort der Erregung und dem Ort der Stoffproduktion in der Nervenzelle erfolgt.

Das Konzept der molekularen Bahnung (Prof. H. Rahmann, Universität Hohenheim) betrachtet diese nervlichen Erregungsimpulse als einen Schaltkreis über mehrere Neuronen hinweg, der eine Spur hinterläßt und erwägt damit, daß die Materie, oder "Engramme", des Wissens in den Synapsen zu finden seien. Rahmann entdeckte Riesenmoleküle, Glykosphingolipide, das sind Zucker-Fett-Moleküle, die auf den Synapsenmembranen ihren Platz haben. Sie besitzen die Eigenschaft, flexibel in bezug auf die Neuverschaltung und den Umbau der Synapsenverbindungen zu sein, und führen zur Anziehung der Transmitterbläschen im Zusammenspiel mit Calcium- und Kalium-Ionen (vgl. [HÜH] S. 179-189). Die Ausbreitungsgeschwindigkeit derartiger Impulse in einem Netz von Neuronen beträgt 400 km/Std, was, zusammen mit der Tatsache, daß deren Verarbeitung gleichzeitig über viele Synapsen verteilt möglich ist, ein Hinweis darauf ist, daß das Wissen keinen festen Platz in unserem Gehirn hat, sondern daß alle Partien des zentralen Nervensystems an dessen Infrastruktur beteiligt sind.


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Uwe Poborski: KategoSphär